Foto Eugen Ziesmann

(Aufsatz für die Zeitschrift "NeueChorzeit")

Wer in der „Szene“ neu ist, wird nicht glauben, dass der größte Teil von Chormitgliedern keine Noten lesen kann. Und schon gar nicht, dass oft genug die Bereitschaft fehlt, sie noch zu erwerben. Die Äußerung „Ich singe jetzt schon so viele Jahre ohne Noten“ ist aber kein Ausdruck der Unbelehrbarkeit, sondern eher ein Eingeständnis von Resignation. Dabei ist die Vermittlung so einfach – und das Lernen auch.

Zu jung? Zu alt?

Kinder tun sich mit dem Notenlernen beim Erreichen der allgemeinen Lesefähigkeit besonders leicht. Bei Erwachsenen gibt es keine Altersobergrenze. Chorleiter brauchen Geduld, Einfühlungsvermögen in die Anfangsschwierigkeiten, dazu die Bereitschaft, fünf Minuten der Chorstunde als Trainingszeit einzuplanen.

 

Üben statt referieren.

Wenn mehr referiert als geübt wird, ist der Misserfolg sicher.  Wer vor der Ablehnung seines Chors Angst hat, wird sich schwer tun. Chormitglieder, die Noten lesen können, begrüßen in aller Regel, dass der ganze Chor das Singen vom Blatt übt.

Wenig reden!
Gleich üben!

Wer solches Üben vor oder außerhalb der Stunde ansetzt, bekommt nicht immer diejenigen in die Gruppe, die es am nötigsten brauchen. Wer sich die fünf Minuten spart, weil für das nächste Konzert geübt werden muss, wird immer wieder eine Ausrede finden, die Lernzeit ausfallen zu lassen.

Üben: kurz,
aber regelmäßig

Wann kommt der Erfolg?

Wenn der Einstieg gelingt, spürt der Chor schon nach wenigen Minuten einen Erfolg. Die Notenzeichen lösen die Vorstellung einer Tonhöhe und Tondauer aus. Mit der Stimme wird die Vorstellung ausgeführt. Wenn die Anforderung nicht zu hoch gestellt wird, kann die Gruppe eine Übung auch „denken“ und auf  Zuruf  einzelne Passagen daraus singen.

Zeichen lösen
Vorstellung aus.
Gehör kontrolliert

Gefahr

Führungsrolle von „Vorsängern“ und „Vorsummern“. Jede Aktivität dieser Art hindert die Übenden am Entwickeln der eigenen Fähigkeit. Vorsummer halten sich bald zurück, wenn sie auf diese Gefahr hingewiesen werden.

Ungeeignete
Hilfen

Bedarf

Für kurze Erklärungen reicht ein Flipchart aus. Ein Papierbogen an der Wand tut es zur Not auch. Ein Tasteninstrument hilft beim gelegentlichen Überprüfen der vorgestellten Tonhöhen. Es sollte aber nicht zum Vorspielen    von Übungen „missbraucht“ werden. Übungshefte sind kaum zu entbehren. Die Entwicklung eigener Methoden ist löblich, aber mühsam, weil sie viel Vorbereitungszeit erfordert.

Prüfen statt
Vorspielen

Übungsmaterial

Zum Üben gibt es verschiedene Blattsinge-Lehrwerke. Gute eigene Erfahrung wurde mit der Methode von Walter Kolneder gesammelt (Kolneder/Schmitt „Singen nach Noten“, Verlag Schott).

Vorteile: leichtester Beginn, Nutzung der in unserem Sprachraum gebräuchlichen Tonnamen, schneller Übergang zum Stufendenken, kleine und übersichtliche Lernschritte, geringster Vorbereitungsaufwand und geringer Erklärungsbedarf.

 

„Hürden“

Einführung das Bass-Schlüssels und der Vorzeichen erfordern etwas mehr Vorbereitung, Beim Erreichen dieser beiden „Hürden“ sollte mehr Zeit eingeplant werden, damit sie in Ruhe bewältigt werden können.

 

Vorgehensweise

Während der ersten Zeit empfiehlt es sich, die Notenlehre und die in Arbeit befindliche Einstudierung unabhängig von einander zu betreiben. Bald finden sich aber die ersten Bezüge zu den aktuellen Einstudierungen und verdichten sich im Laufe der Zeit immer mehr.           

Erworbene
Kenntnisse
sofort nutzen

Der Ertrag

Der Zeitaufwand spielt sich schnell herein. Chor und Leiter ändern in kurzer Zeit ihre Arbeitsweise und auch den Umgang miteinander. Der Bezug auf Behandeltes wird immer wieder hergestellt. Die Chormitglieder schenken dem Notenblatt wesentlich mehr Aufmerksamkeit, formulieren ihre Fragen sachlicher und lernen, viele Fehler selbst zu beheben. Für die Leitung ist es wichtig. Gelerntes bei der Einstudierung auch in Anspruch zu nehmen.

Eine solche Arbeitsweise ist für beide Parteien befriedigend und stärkt die Achtung für einander.

Chor lernt,
Fehler selbst 
zu beheben

Ziel erreicht?

Das hängt von den Schwierigkeiten des Werks und der Geschicklichkeit der Leitung ab. Bald zeigt sich, dass auch bei steigender Geschicklichkeit ein immerwährendes Üben notwendig ist, das aber allen Beteiligten Nutzen bringt, auch wenn sie ihre Einstudierungen später auswendig vortragen.                                          

Üben muss
Spaß machen

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